13.12.2016 | Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden Simone Wied im Stadtrat

– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Fokusguppe Finanzen hat ihre Arbeit unter anderem mit der Frage an die Teilnehmer begonnen, wer den Job des Finanzbürgermeisters übernehmen will. Die Resonanz war bescheiden, was sicher auch an den Rahmenbedingungen, unter denen Saarbrücken wirtschaften muss, liegt. Heute übernehmen wir alle einen Teil seiner Arbeit und haben dabei mit den gleichen widrigen Rahmenbedingungen zu kämpfen:

Einer drückenden Altschuldenlast, die aus eigener Kraft trotz aller Sparbemühungen nicht zu bewältigen ist.

Einer ständig steigenden Kreisumlage – ohne dass wir wesentlich auf die Verwendung und die Standards Einfluss nehmen können.

Der Tatsache, dass Bund und Land den Kommunen gerne Aufgaben zuweisen ohne dafür zu sorgen, dass auch die notwendigen Mittel dafür bereitstehen.

Und nicht zuletzt den Sonderlasten, die im Saarland ausschließlich von der Landeshauptstadt zu tragen sind.

All das trägt dazu bei, dass wir trotz umsichtiger Haushaltspolitik der letzten Jahre nicht aus dem Vollen schöpfen können, sondern bewusste Entscheidungen für eine Ausgabe treffen müssen, mit dem Wissen, dass es eine gegen eine andere ist. Diese Entscheidung treffen wir aber nicht alleine hier in Saarbrücken, diese Entscheidung wird immer auch von der Kommunalaufsicht in St. Ingbert gefällt. Dort wird entschieden, was angeblich sinnvoll für unsere Landeshauptstadt ist und was nicht.

Dass dies manchmal Blüten treibt, muss hier vermerkt werden. Warum eine Landesbehörde Projekte in Frage stellt, die von einer anderen obersten Landesbehörde bzw. gar der Ministerpräsidentin positiv beschieden wurden, bleibt unverständlich. Immer geht es bei diesem Thema aber um Werteentscheidungen und die Zielvorstellung, die wir für die Zukunft unserer Stadt entwickeln.

Wir unterscheiden zwischen schlechten und notwendigen Schulden. Und haben so andere Ziele und Werte als die Kommunalaufsicht. Schuldenabbau und der Haushaltsausgleich sind wichtig, wichtiger ist aber, dass Saarbrücken auch noch in der Zukunft eine attraktive und lebenswerte Stadt ist.
Das ist kein Plädoyer für deficit-spending, sondern die Warnung davor, dass wir Saarbrücken nicht kaputt sparen dürfen, denn das würde zu gesellschaftlichen Kollateralschäden führen, die keiner von uns hier verantworten kann. Schulden sind nie gut – aber wir haben Gründe, warum wir sie auch in diesem Jahr machen mussten.

Wir müssen den Konsolidierungspfad fortsetzen und müssen dafür zu einer Maßnahme greifen, die alle trifft, deren Belastung sich aber nur im Cent bzw. im unteren Eurobereich bewegt. Die moderate Erhöhung der Grundsteuer B ist das kleinere Übel, das man eingehen muss, um dem Sparkommissar und der damit in Saarbrücken entstehenden Bewegungs- und Hoffnungslosigkeit zu entgehen. In NRW kann man sich ansehen, welche Stimmung in Kommunen besteht, die nur noch ihre Pflichtaufgaben erfüllen dürfen und nicht einmal definieren dürfen, was sie denn für ihre Pflicht halten!

Durch die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B, die auch von Gutachtern empfohlen wurde und die auch von einigen Kollegen im Rat noch vor kurzem angestrebt wurde, können wir weiterhin in Saarbrücken seriös gegenfinanziert investieren – und genau das hat die Koalition vor!

Denn die Bürgerinnen und Bürger wollen für sich und ihre Kinder ein funktionierendes Gemeinwesen mit einer kompetenten Verwaltung, die ihre Aufgaben erfüllt. Sie wollen ein umfassendes bezahlbares Bildungsangebot: entsprechend investieren wir in den Kitaausbau und haben die Gebühren eingefroren. Natürlich wünschen wir uns, dass auch die frühe Bildung kostenfrei ist. Nur das können wir als Stadt nicht entscheiden. Hier sind das Land und die dort Handelnden in der Pflicht.

Darüber hinaus sorgen wir mit der Verbesserung der IT-Infrastruktur in Grundschulen dafür, dass Saarbrücken für junge Familien als Lebens- und Arbeitsmittelpunkt konkurrenzfähig bleibt. Die gleiche Motivation steht hinter unserem Engagement für die Hochschulen der Landeshauptstadt und der Implementierung eines IT-Parks an der UdS.
Die Bürgerinnen und Bürger wollen ein attraktives Gemeinwesen mit entsprechender Verkehrsinfrastruktur und einer gesunden Umwelt. In diesem Bereich hat sich die Stadt mit dem VEP schon ehrgeizige Ziele gesetzt. Wir wollen hier den Fokus auf zwei Bereiche setzen, die oft nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, den Radverkehr und noch wichtiger den Fußverkehr. Hier wollen wir verstärkt in sichere Gehwege, Absenkungen, Ampelschaltungen und etwa Treppensanierung investieren.

Saarbrücken muss für alle seine Bürgerinnen und Bürger attraktiv sein, es darf keiner ausgegrenzt werden. Entsprechend setzen wir Projekte, die soziale Teilhabe fördern, fort und stärken die Barrierefreiheit in unserer Stadt.

Durch die zusätzliche Planung von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Gebäuden wollen wir die Energiewende in Saarbrücken voranbringen. Dies ist eine klassische Investition. Es mag zunächst Geld kosten, führt aber dann zu Einsparungen und für uns Grüne noch wichtiger zur CO2-Reduktion und dem Erhalt unserer Umwelt für unsere Kinder. In die gleiche Richtung geht ein kleiner, wenn auch nicht zu unterschätzender Beitrag für das Stadtklima. Wir wollen dies durch die Pflanzung zusätzlicher Bäume erreichen.

All diese Maßnahmen sind Investitionen in die Zukunft Saarbrückens und seiner Bürgerinnen und Bürger, sie sollen ihnen zu Gute kommen.

Noch eine abschließende Bemerkung zu den Anträgen der Mitbewerber, hier insbesondere den Kollegen der FDP:
Was hätten Sie nur gemacht, wenn Rot-Rot-Grün keinen Fahrradbeauftragten und keinen Klimamanager beschlossen hätte? Sie hätten ein Problem bei Ihren Änderungsanträgen. Denn jedes Jahr fordern Sie die Abschaffung und gaukeln damit vor, einen Betrag von 80.000 € seriös gegenfinanziert zu haben. In die gleiche Richtung geht der Vorschlag der FDP, den Verwaltungsdezernenten abzuschaffen – oder wollen sie zwei einsparen?

Zum Antrag der Kollegen von der CDU: bei Themen wie verstärkter Einsatz von Videoüberwachung und personellen Einsparungen (Wegfall jeder dritten Stelle) haben wir unterschiedliche Ansätze. Aber wie gesagt, Entscheidungen über Geld sind auch immer Werteentscheidungen! Hoffnungsvoll hat mich gestimmt, dass Sie beim Personalabbau wenigstens die Kinderbetreuung ausnehmen wollen.
Und da die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, hoffe ich, dass Sie sich im nächsten Jahr mit Änderungsanträgen an der Debatte über die Zukunft Saarbrückens beteiligen, die seriös gegenfinanziert sind – also das, was Sie von der Koalition ständig fordern.
An die Kollegen von der FDP noch ein Satz: lassen Sie sich mal was Neues einfallen!

Für die Grünen möchte ich die Zustimmung zum Haushalt unter Einbeziehung des Änderungsantrages der Koalition erklären und bitte um weitere Zustimmung.