14.01.2014 | Rede der Fraktionsvorsitzenden Karin Burkart anlässlich des Neujahrsempfangs 2014

Es gilt das gesprochene Wort!

Ach, geht es mir gut: endlich Freizeit. War das wieder ein vorweihnachtlicher Arbeitsanfall. Überall diese Menschenansammlungen – und jetzt blick ich schon wieder auf einen gefüllten Saal.
Was wollen die nur alle, Weihnachten ist doch vorbei. Wieder waren die Straßen hell erleuchtet mit Millionen von Lichterketten – dabei reden alle ununterbrochen von hohen Energiepreisen und von Energiesparen und was tun sie? Manche haben ja auch Kerzen angehabt: wohl wegen der Ökosteuer und den hohen Kosten. Da reden sie davon, dass sie nicht genug Geld haben – und die Städte und Kaufhäuser waren voll. Zur Zeit läuft dann die große Umtauschaktion, weil die Menschen Dinge kaufen, die sie nicht brauchen, von Geld, das sie nicht haben.

Telefon
Hier Gabriel – Erzengel – Hallo Chef. Nein, ich habe Urlaub und ziehe auf meiner Wolke über die Lande. Im Moment befinde ich mich im Saarland, genauer in Saarbrücken. Ich wollte doch ein Interview mit den Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen führen.
Weißt Du, das sind die, die sich besonders für die Bewahrung der Schöpfung und die Natur einsetzen. Nein, keine Abteilung der katholischen Kirche – eine politische Partei. Aber sie hatten keine Zeit, hatten einen Termin nach dem anderen und haben auch viele Feiern besucht. Die Menschen feiern nicht nur Heilig Abend. Hier jagt eine Weihnachtsfeier die andere, man redet dort zwar nicht von Weihnachten, aber man isst und trinkt. Sie haben mir aber alle meine Fragen schriftlich beantwortet. Das vorzulesen, würde viel zu lange dauern, ich kann Dir ja eine kurze Zusammenfassung zukommen lassen.

So oder ähnlich könnte sich ein Gespräch des Erzengels Gabriel mit seinem Chef in diesen Tagen entwickeln.

Nun ist diese Zeit vorbei und wir befinden uns im Jahr 2014.

Ein Jahreswechsel bedeutet genaugenommen lediglich einen Wechsel der Jahreszahl und des Kalenders. Begonnenes wird weitergeführt auf der Grundlage der im alten Jahr getroffenen Entscheidungen.
Der Haushalt 2014 ist unter Dach und Fach. Dies stellte sich unter dem Spardiktat als sehr schwierig heraus, sollen doch bis Ende des Jahrzehnts die Vorgaben der Schuldenbremse erfüllt sein. Eine Altschuldenregelung ist m. E. dringend geboten, um weiterhin handlungsfähig zu sein. Leider kommt der derzeitige Geldsegen durch Steuermehreinnahmen kaum den Kommunen zu Gute.

Was ist noch herauszuheben?
Wir habend mahnend an die Brandstiftung der Synagoge vor 75 Jahren erinnert und waren erfreut, zu der Einweihung des Rabbiner-Rülff-Platzes mit dem integrierten Mahnmal „Der unterbrochene Wald“ die Tochter des Rabbiners und andere Gäste aus Israel begrüßen zu können.
In diesem Zusammenhang sind wir als grüne Fraktion – und ich denke, ich spreche auch für Sie alle – sehr froh, wie sich die Planungen der NPD, hier in Saarbrücken ihren Bundesparteitag abzuhalten, entwickelt haben und es zeigt sich, wie wichtig die Reaktionen seitens der Stadt und verschiedener Institutionen waren.

Noch einen Schritt zurück haben wir die vergangene Bundestagswahl im Blick mit einem für uns nicht zufriedenstellenden Ausgang, was in meinen Augen zum Teil auch selbstverschuldet war. Dafür sind jetzt aber zwei Saarländer aus dem Raum Saarlouis mit in der Regierung. Doch was will das schon heißen.

Im vergangenen Jahr habe ich in meiner Rede Herrn Altmaier zitiert, der ausdrücklich betont hatte, welchen Stellenwert im Hinblick auf Wachstumschancen die Umsetzung der Energiewende haben kann, gerade in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung des Saarlandes.
Die Hoffnungen, die dadurch aufkamen wurden leider nicht gedeckt. Ich erinnere nur an die sogenannte Strompreisbremse; jedem ist klar dass dieses Instrument nicht den Strompreis sondern vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energien bremst.
Auch Heiko Maas hat sich um den Klimaschutz und die Energiewende hier im Land keine Lorbeeren verdient, und auch unter dem neuen Umweltminister Reinhold Jost scheint die Energiewende abgehakt.
Statt dem Slogan „Windräder sind die Fördertürme der Zukunft“ nachzueifern favorisiert er die Fördertürme der Kohlegewinnung. Auch der Co2-Zertifikatshandel ist gescheitert und selbst wirtschaftsnahe Experten sehen darin eines der ganz großen Probleme.
Klimaschutz und Energiewende scheinen nach wie vor ungeliebte Kinder – selbst wenn es Ziel der Bundesregierung war, dass grüne Energie konventionelle Energie verdrängen sollte. Es scheint vergessen, dass Investitionen in Klimaschutz und erneuerbare Energien auch die regionale Wirtschaft ankurbeln und neue Arbeitsplätze schaffen. Dies ist auch durch die Schaffung neuer Windkraftanlagen möglich. Die Standortplanung für den Großraum Saarbrücken hat der Regionalverband übernommen und die Ergebnisse werden in den verschiedenen Gremien zur Zeit besprochen. Wir warnen vor Versuchen, diese Planung zu torpedieren oder die Flächen weiter einzuschränken. In der Folge könnte die gesamte Planung als Verhinderungsplanung rechtlich unwirksam werden; dann könnte wirklich der vielbeschworene „Wildwuchs“ drohen – denn dann wäre es prinzipiell überall im Regionalverband möglich, Anlagen zu errichten. Das sollte jeder und jedem bewusst sein.

Eine weitere Auswirkung des Ergebnisses der Bundestagswahl war der Wechsel in der Spitze der Bundespartei, was zur Folge hatte, dass unsere Landtagsabgeordnete Simone Peter ihr Mandat niederlegte und den Parteivorsitz in Berlin übernahm. Ihr rückte Klaus Kessler im Landtag nach. Aber damit noch nicht genug der Wechsel: auch in der Stadtratsfraktion gab es Veränderungen.
Der langjährige Fraktionsvorsitzende Thomas Brück wurde neuer Umweltdezernent, ihm folgte Guido Vogel-Latz und als Nachrückerin in der Fraktion konnten wir Frau Ute Schmit-Regitz begrüßen, die das Ressort Kunst und Kultur übernahm sowie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit begleiten wird. Wir wünschen allen Betroffenen viel Erfolg bei ihrer Arbeit

Eine traurige Veränderung hingegen war es, dass wir uns von dem Fraktionsvorsitzenden der Linken im Saarbrücker Stadtrat, Herrn Rolf Linsler für immer verabschieden mussten. Er verstarb Ende September. Er war stets ein kompetenter und zuverlässiger Partner in unserem rot-rot-grünen Bündnis in der Landeshauptstadt. Selbst wenn es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten in den Positionen kam und heiße Diskussionen geführt wurden, kam es in der Vergangenheit letztendlich immer wieder zu zufriedenstellenden Kompromissen.

Wenn ich gerade von Zuverlässigkeit rede, ist es mir ein Anliegen, die Zuverlässigkeit der Männer vom ZKE ausdrücklich zu erwähnen. Der Mitarbeiter in der Zentrale erkennt sicherlich schon meine Nummer auf dem Display seines Anschlusses und weiß, dass Schmutzfinken ihren Müll wieder einmal im Wald abgeladen haben.
Prompt und zeitnah wird dieser von den Männern des ZKE abgeholt und entsorgt. Ein besonderes Lob für diese Arbeitseinstellung. Sie stehen stellvertretend für alle anderen, die ebenso ihrer Aufgabe nachkommen.

Neben Tagesthemen gab und gibt es jedoch verschiedene Problemfelder, die für langanhaltende und noch nicht ausgestandene Diskussionen sorgten und auch in Zukunft sorgen werden.

Zunächst möchte ich hier auf die Schwimmbaddiskussion eingehen. Wir waren uns in der Fraktion im Klaren, dass wir die finanziellen Engpässe zwar nicht verschuldet haben, waren aber bereit, Wege aus der Misere zu suchen.
Obwohl wir im Vorfeld viel Zeit und Energie in Überlegungen gesteckt hatten, wie die Bäder zu halten sind, wurden wir von Menschen, die das nicht verstanden haben, der Schließung beschuldigt. Nun, nach den Ferien hat uns der Finanzdezernent mit seinen neuen Planungen überrascht. Den Schachzug, die Abschreibungen auf die Bäder, die aus GMS in die LHS verlagert werden, haben wir toleriert.
Für mich darf ich sagen, dass ich das Ergebnis zwar begrüße, mich aber nicht für ernst genommen fühle. Im Nachhinein betrachtet waren viele Diskussionen und Aufregungen unnötig.
Jetzt gilt es die Zeit zu nutzen, die Bäder weiter zu entwickeln und Perspektiven für eine zukünftige Sicherung zu entwickeln.

Als nächstes möchte ich das Problem der Prostitution, das emotional hochgekocht wird, und vor allem des Straßenstriches benennen. Uns geht es darum, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, das einerseits die Frauen schützt und gleichzeitig Menschenhandel und Zwangsprostitution unterbindet. Zugleich muss die Prostitution eingedämmt werden. Die Grenznähe zu Frankreich und die dort beschlossenen gesetzlichen Vorgaben erleichtern diese Aufgabe nicht. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe sollte möglichst schnell klären, mit welchen Maßnahmen die Straßenprostitution beschränkt werden kann und sie anderen Ortes zu regulieren ist.

Aber es gibt auch Positives zu berichten. Ich denke hier an den Ausbau der Krippenplätze. Hier ziehen alle an einem Strang, um der gesteigerten Nachfrage und dem gesetzlichen Anspruch der Eltern Rechnung zu tragen.
Mit der Errichtung der Kindertagesstätte „Am Franzenbrunnen“ ist hier ein weiterer Baustein zu sehen; gleichzeitig wird das neu entstehende Wohngebiet für junge Familien attraktiv sein.
Auch der weitere Ausbau von Ganztags-Grundschulen in Saarbrücken ist uns ein Anliegen und mit der GS „Füllengarten“ in Burbach werden wir ein Lücke im Bezirk West schließen. Aus einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung geht hervor, dass das Saarland unter dem Bundesdurchschnitt liegt, und von daher unterstützen wir auch den konkreten Antrag der GS Scheidt, denn die vier echten GS in Brebach, Rastpfuhl, Kirchberg und Dellengarten brauchen Zuwachs.
Kritik ist zu üben an der Entscheidung des Kumis, die Stundenzahlen an den Kooperationsschulen, die den Übergang von Kitas zu GS erleichtern sollen, zu kürzen.
Damit wird dieses Angebot, das sehr gut angenommen wurde, stark beschnitten. Ich hätte mir gewünscht, dass eine Entscheidung im Einzelfall favorisiert worden wäre.

Eine weitere Baustelle im Bildungsbereich ist die Umsetzung der Inklusion, die seit 2009 verpflichtend sein sollte und immer noch in den Kinderschuhen steckt. Eine Verkleinerung der Klassen und Aufstockung der Lehrerzahl ist unabdingbar, will man die Förderschulen nach und nach überflüssig machen. Hier zu sparen führt nicht zum Ziel.

Eine weitere Steuerungsmöglichkeit zur Regulierung von Benachteiligungen sind die GWA-Projekte. Alle Stadtteile – außer Dudweiler – verfügen über ein solches, obwohl gerade hier seit längerem ein wachsender Bedarf festzustellen ist. Fachleute, Bezirks- und Stadträte und viele Dudweiler BürgerInnen sind sich bei diesem Thema einig. Als Einstieg hatte man sich auf die Einrichtung einer Koordinierungsstelle geeinigt. Da die Finanzierung sich als sehr schwierig darstellte, weder der Regionalverband noch die LHS über ausreichende Mittel verfügten, waren wir froh, in den Haushalt für das kommende Jahr den Betrag von 26.000 € einstellen zu können. Inzwischen gibt es neue Vorschläge, als ersten Schritt ein Kinder- und Jugendzentrum einzurichten, da die größte Nachfrage in diesem Bereich gegeben ist. Wir werden die Einrichtung eines GWA dennoch nicht aus den Augen verlieren.

Ihr seht, liebe Grüne und auch Sie, werte Gäste, auch im diesem Jahr liegt viel Arbeit vor uns – abgesehen davon, dass uns auch die kommende Europa- und Kommunalwahl voll in Anspruch nehmen werden.
Jetzt wollen wir aber nicht an Arbeit denken, sondern ans Feiern.
Bleibt mir noch, den MitarbeiterInnen des Büros für die Vorbereitungen und Lothar vom Bistro Malzeit für seine Arbeit zu danken. Ich wünsche Euch und Ihnen einen unterhaltsamen Abend mit guten Gesprächen.